Eröffnung eines Dialogs
"Ich erinnere mich", sagte ein Teilnehmer
später zu einem anderen, der
nicht mehr dabei sein
konnte - vielleicht mußte
er dringend abreisen oder
er wollte sich noch die
Stadt ansehen - "ich erinnere
mich", wiederholte
der Teilnehmer, "an eine
fiktive Meldung (6):
Auf den Tag genau wie
geplant ist rechtzeitig zum
Jahrtausendwechsel am
31. Dezember 1999, 9,00
Uhr, die unter Führung
des Alpha-Konsortiums
mit einem Kapital von rund
550 Mill. Dollar erstellte
Knowledge City in
einem
Vergnügungsareal im Pazifischen Raum nach
nur dreijähriger
Bauzeit ans Netz der
Breitbandkommunikation gegangen.
Die Betreiber sind
optimistisch, in schon
weiteren drei Jahren eine
vollständige
Refinanzierung zu
erlangen."
"Knowledge City? Eine
Wissensstadt, das ist doch eine
Utopie, wenn nicht
gar Unsinn", meinte der
andere. "Wartet es ab", erwiderte
der Erste. "Es ist
ein weiches Signal; man
muß es nur zu deuten wissen.
Möglicherweise
würdet Ihr anders
urteilen, wenn Ihr die Illustration
'Aufbruch zum
Kontinent der
Lösungen' gesehen hättet. Eine
Illustration wie aus einem
Kinderbuch", fügte er
noch hinzu.
"Wie, aus einem
Kinderbuch?" fragte der andere eher
ungläubig. "Ja",
erwiderte der erste
schlicht. "Wie aus einem Kinderbuch."
"Aber warum
denn so eine Kinderei!"
rief der andere. "Tja", meinte
der erste, "Ihr hättet
den Anfang miterleben
müssen." Am liebsten hätte
er geschwiegen, aber
wie sollte er sich ohne
Bild mit Schweigen verstandlich
machen? Etwas
schien der andere
angesichts der zögernden Antwort
aber doch begriffen zu
haben, denn er fragte:
"Was war denn auf der Illustration
zu sehen?"
Begegnung mit einer fremden Welt
Der Erste setzte etwa mit folgendem Kommentar
ein: "Die Illustration
'Aufbruch zum Kontinent
der Lösungen' erzählt
dem aufmerksamen
Betrachter eine
Geschichte. Die Geschichte von der aktiven
Zukunftsgestaltung und was
die Verantwortlichen tun
können, um den
Kontinent der
Lösungen zu erreichen. Wer die
Illustration gesehen hat, wird
sie nicht vergessen.
Eindrücke sind kaum in Worte
zu fassen und Dritten
schwer zu vermitteln.
Einige Hinweise laden vielleicht
aber doch ein, den
Aufbruch schon zu wagen,
zumindest einen Besuch ...".
Der andere
unterbrach ihn. "Nun
erzählt schon", drängte
der andere, "was ist denn auf
dem Bild dargestellt?"
Und der Erste fuhr fort:
"Im Meer der Wissensexpansion
mit seinen
riffartigen Bedrohungen
und gewaltigen Informationsfluten
steuern die
Kapitäne mit den
Schiffen der Problemlösungen
einen falschen Kurs. Bei
den unausweichlichen
Havarien retten sich einige mit
dem Rettungsboot
"lean" und kehren nach
Babylon zzurück. Und Babylon
produziert Probleme in
allen Richtungen, und die
Problemwolken reagieren mit
zunehmendem Blitz
und Donner, Unwettern,
Erdrutschen und vielfältigen
anderen Bedrohungen.
Ein tückischer
Kreislauf, der unterbrochen werden
muß. Warnend schwebt
der Ballon mit der
Botschaft "ein Volk ohne Vision geht
zugrunde" über dem
Geschehen. Merkur ruft den
einen Vernünftigen.
Spätestens nach der
nächsten Havarie - am
besten schon vorher - sollten
die Beteiligten auch das
Rettungsboot "keen" nutzen,
um zu den in der
Zukunft gelegenen Inseln
der Hoffnungen und
Bedürfnisse gelangen zu
können. Dort werden
sie weitere Rettungshilfen
finden: den Aufklärer, den
Satelliten zum Empfang
weicher Signale, alles Hilfen,
um den Kontinent
der Lösungen zu
entdecken. Er liegt verborgen hinter
der Inselkette der
wahren Bedürfnisse.
Wenigstens einer muß
bis dorthin gelangen, um von
dort Orientierungssignale
aussenden und die neuesten
Erkenntnisse aus der
Zukunft in die Gegenwart
transponieren zu können. Es muß
Orientierung gewonnen
werden, um den richtigen Kurs
zu steuern.
Die aus der Zukunft
erlangbaren, "über den Wolken"
produzierten und
transferierten
Lösungsansätze können
in die Wissensstadt gelangen, zu
Lösungen aufbereitet
und vermittelt werden. Diese
Städte des Wissens
müssen die Schiffe
der Problemlösungen anlaufen,
um eine
zukunftsorientierte Ladung
zu löschen, und mit
neuartigen Orientierungen
versehen, einen sicheren
Kurs zu steuern. Es sind viele
weiche Signale zu
beachten!"
Interpretationen und Konsequenzen
"Hm", murmelte der andere vielsagend, als der
erste geendet hatte.
"Verwegen, so eine
Darstellung, aber interessant. Die
Zustände der
Gesellschaft und die Wege,
etwas völlig Neues zu
wagen, durch eine
Darstellung wie in einem
Kinderbuch zu veranschaulichen."
Der erste nickte
zustimmend und wollte noch
hinzufügen, daß
Merkur, der Götterbote,
versucht hat, im Auftrage
der Götter den einen
Vernünftigen zu finden, um
die Botschaft der
Götter für das Leitbild
" Städte des Wissens als Stätten
der Begegnung" zu
überbringen. Aber er kam nicht
mehr dazu.
"Ungewohnt, sehr
ungewohnt", setzte nämlich der
andere wieder an,
nachdem er es nochmals
überdacht hatte, "auf die
Botschaft werden
Menschen sehr verschieden
reagieren. Es kommt ein bißchen
auf deren
persönliche
Veranlagung an." "Ihr habt recht",
erwiderte der Erste, "es ist
ja vor allem auch eine
sehr unbequeme Wahrheit, die
jeden einzelnen und
die Verantwortlichen
tangiert!" "Wie meint Ihr daß"
fragte der andere.
Und der erste fuhr fort:
"Möglicherweise sind Kinder
die ersten Gründer
der Wissensstädte,
weil sie die Erwachsenen, die
ihr Wissen anhäufen und
in sinnentleerten
Zusammenhängen artikulieren ,
nicht mehr verstehen.
Kinder bauen sich ihre
eigene Welt. Sie besitzen noch
die Phantasie dazu,
die den Erwachsenen mit
Ausnahme der Künstler mehr
und mehr abgeht.
Kinder werden ganze
Wissenslandschaften mit vielen
Städten entwerfen,
in denen die Visionen zur
Zukunft wachsen und gedeihen
können.
Zwar rufen Wirtschaft und
Politik nach Visionen, aber
die
Verantwortlichen sind im
harten Tagesgeschäft und
im Alltag der Politik
nicht in der Lage, nehmen
sich zumindest nicht die Zeit,
Visionen zu
erkennen und zu erleben
und auszugestalten, geschweige
denn eigene zu
entwickeln. Das muß
sich ändern und
das wird sich mit Hilfe der
Wissensstädte auch
ändern lassen.
Denn jeder Mensch ist
kreativ bis ins hohe Alter hinein.
Die kreativen
Kräfte müssen
nur geweckt werden (Beuys).
Es werden, bedingt durch die
großen globalen
Herausforderungen der Welt,
Wissensstädte entstehen
müssen, um die
Information zur Bewältigung
von Komplexität überhaupt
noch beherrschen zu
können. Die Gesellschaft braucht
Visionen, keine
Ideologien . Und die
notwendige Phantasie
läßt sich durchaus mit
Systematik mobilisieren.
Kinder sind große
Entdecker der Realität.
Sie sehen auf einer Zeichnung
eines komplexen
Sachverhaltes Einzelheiten und
Zusammenhänge, die ein
Erwachsener zunächst
gar nicht wahrnimmt. Erst
die Fragen des Kindes
lassen ihn gewahr werden,
was man auf einer "kindlichen
Zeichnung" oder
einer Zeichnung für
Kinder alles sehen und im Geiste
erleben kann.
Mit Hilfe einer solchen
Kinderbuch-Illustration soll
der Besucher in die
Wissenslandschaften mit
den Wissensstädten
geführt - wenn es sein muß,
vielleicht sogar
entführt werden!" Und er setzte
noch hinzu: "Kinder werden
nicht zögern zu
fragen, was sich hinter den Nummern
auf der Illustration
vom Kontinent der
Lösungen verbirgt, sich
möglicherweise erkundigen, ob
es sich um einen
Adventskalender handelt." "Und was
steckt dahinter?"
fragte der andere. "Ein
Hypersystem", erwiderte der
Erste, "mit einer
Reihe weiterer Analysen
zum Verständnis des Leitbildes
'Städte des
Wissens als Stätten
der Begegnung' "und, fügte
er noch hinzu, "eine
Einladung, die erste
Wissensstadt zu besuchen. Sie
heißt übrigens Xenia,
wie ich dem Prospekt
entnehmen konnte. Xenia,
Wissensstadt am
Wege zur
Informationsgesellschaft."
Xenia
"Xenia, die Gastliche" wurde der andere jetzt
lebendiger, "auch die
Gastgeschenke, aber im
Wortstamm auch das Fremde
beinhaltend?" Und
kommentierend fügte
er hinzu, "ein Symbol für
die Gratwanderung
zwischen dem Fremden uund
der Erwartung des Gastlichen
beim Aufbruch
zum Kontinent der
Lösungen? Von Xenia würde
ich gern mehr erfahren!"
Soweit eine kleine
Begegnung zweier Kongreteilnehmer
in Xenia.
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